Der Rohstoff Bernstein

Die Gebiete des Deutschen Orden 14./15. Jahrhundert
Den Rohstoff bezogen die Lübecker Paternostermacher zum Hauptteil, wie heute noch Verträge zeigen, vom Deutschen Orden in Preußen. Die Einkäufe wurden nach einigen Quellen sogar gemeinsam erstanden, wobei ein jeder des Amtes (der Zunft) gleichermaßen dafür einstand. Ob das Amt bzw. die Zunft dann die gemeinsamen Einkäufe tatsächlich tätigte bzw. nur für die Abwicklung sorgte, ist dabei nicht ganz klar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es auch “private” Einkäufe gab. Zunftbrüder waren nachweislich zumindest zeitweise angehalten, günstige Bezugsbedingungen und Ware auch mit ihren Brüdern zu teilen.
Die Aufgabe des Großschäffers zu Königsberg bestand darin, den Bernstein vor allem über zwei Wege zu verkaufen. Der eine ging über Land nach dem Orient, welcher aber aufgrund angespannter politischer Verhältnisse mit dem beginnenden 15. Jhdt. nicht mehr genutzt wurde. Der andere Weg führte zur See nach Lübeck und Brügge. Hier bezogen die Paternostermacher das Material für ihre Arbeiten vom Lieger in der jeweiligen Stadt, der diese im Auftrag vom Großschäffer verkaufte. Dieser Weg wurde während der ganzen Zeit der Ordensherrschaft sehr lebhaft genutzt. Zahlreiche Verträge über den Preis der verschiedenen Bernsteinsorten, zeugen noch heute davon. Jedes Jahr gingen also große Sendungen von Bernstein in diese beiden Städte und im Gegenzug dafür sandte, namentlich der Lieger in Brügge, große Mengen von Waren zurück, welche der Großschäffer dann wieder seinerseits vertrieb. Den Hauptbestandteil der Waren aus Flandern bildeten Tuche, flämisches Salz, Gewürze, Zucker, Kanneel, Ingwer, Feigen u.v.m.
Bernsteinsorten & Verwendung
Man unterscheidet mehrere Sorten Bernstein: den „Groten“ Stein, den „Werkstein,“ die „Stücke“ und den „Firniß“ (fernis). Der erstere war dreimal so teuer wie der Werkstein, von dem ein Liespfund mit 4 Mark 5 Schillingen und 8 Den. lüb. bezahlt werden musste. Diese wurden vorrangig zu Schmuckstücken, Brillengläsern und der gleichen verarbeitet. Unter dem „Stücke“ haben wir uns wohl den in unseren Tagen als „Schlick,“ d. h. als blättrigen und unreinen Bernstein im Handel vorkommenden vorzustellen, der zu den niedrigeren Sorten gerechnet wird. Das Pfund derselben ist zu 26 Den. lüb. angesetzt. Dieser wurde vermutlich weitestgehend aber weniger hochwertigen Schmuckstücken/ Paternosterketten verarbeitet und verkauft. Bei der Firnis handelt es sich um die kleinsten Bruchstücke bis hin zum Staub, der zum Beispiel auch heute noch verarbeitet wird. So wird Bernstein z.B. in Alkohol aufgelöst und zur Versiegelung von Oberflächen genutzt (Gemälde, Versiegelung von Farbe auf Gebrauchsgegenständen wie Globen und vielem mehr).
Verkauf von Paternostern
Veräußert wurde die Produktion der Paternostermacher dann nach der Fertigung anscheinend durch Lübecker Kaufleute, welches vertraglich geregelt wurde. Verträge über den Ankauf der Paternoster durch die Kaufleute zeugen noch heute davon. So wurden anscheinend nur einzelne Teile durch die Paternostermacher selbst zum Verkauf angeboten. Hierbei war auch festgelegt wo diese abgesetzt werden durften. Zum Beispiel war vertraglich festgelegt, diese nicht in das Absatzgebiet der Brügger Kollegen zu liefern, wie auch in das der eigenen Lübecker Kaufleute.
Paternostermacher verkauften zu Beginn des 15. Jahrhunderts ihre Paternoster nur an Kaufleute der Stadt. Diese hatten sich wiederum zu einer Abnahme der Waren bis zu einer Obergrenze von 80 Pfund Fertigprodukte je Paternostermacher verpflichtet.
Quellen:
Mitteilungen des Vereins Lübeckischer Geschichte und Altertumskunde 42/1885/86 2. Heft – 1886 Jan./Feb.
Hansische Geschichtsblätter 1877, 1897
Geschichtsblätter Verein für Lübische Geschichte 1986